9. Haus Samson (an der dicken Linde 3)
(an der dicken Linde 3)
Wohngeschäftshaus, das der Kaufmann Georg Gildemeister 1843 an Stelle eines zuvor durch Brandstiftung eingeäscherten Fachwerkhauses nach den Plänen des königlich-preußischen Regierungs- und Baurats Conrad Niermann als repräsentatives zweigeschossiges Ziegelgebäude mit Werksteinelementen auf hohem Sockel und Krüppelwalmdach in klassizistischen Formen errichtet hat.
Anker und Merkurstab in den Oberlichtern der Türen weisen auf seine Bestimmung zum Handelshaus hin. In Clarholz war es das erste Bürgerhaus, das als Mauerwerksbau errichtet wurde, durch seine Größe herausragt und den Kirchhof noch heute entscheidend mit prägt. Seine Vorgänger waren ein schon 1580 belegter Spieker des Klostervogtes Stephan Haver, dessen Nachkommen und Besitznachfolger hier im 17. und 18. Jahrhundert ein großes, in Ost-West-Richtung langgestrecktes Fachwerkhaus erbauten. Seine Bewohner waren anfangs Klosterschreiber, später Brauer, Brenner und Gastwirte, die auch Handel trieben.
Das Anwesen ist seit dem 16. Jahrhundert bezeugt. Es war schatzungsfrei. Hier lebten und wirkten die Familien des Vogtes Haver, eines Klosterschreibers Ernesti sowie Harde und Badde, die hier ein Gasthaus mit Brauerei und Brennerei sowie Handel betrieben. In den 1790er Jahren führte die Familie Feldmann das Haus weiter. 1808 wurde es von dem Kaufmann Georg Gildemeister aus Herzebrock und seiner Frau Elisabeth Zurbrüggen aus Harsewinkel aufgekauft.
Am 20. April 1842 fiel das große Fachwerkhaus der Brandstiftung eines 12jährigen Jungen zum Opfer und wurde bis auf den Gewölbekeller eingeäschert. Der Neubau wurde auf einem hohen Natursteinsockel als zweigeschossiges Ziegelgebäude mit Krüppelwalmdach aufgeführt. Architekt war Conrad Franz Rembert Niermann, gebürtig aus dem Haus Propsteihof 15. Das Gebäude ist giebelständig zum Kirchhof ausgerichtet, wo eine zweiläufige Treppe zum Eingang hinaufführt. Es wird aber auch durch ein Portal an der Traufseite erschlossen. In den Oberlichtern der sandsteingerahmten Portale erinnern Anker und Merkurstab daran, dass hier mit Lebensmitteln, Kolonialwaren und Textilien gehandelt wurde. Ab 1869 war hier auch eine Schankwirtschaft eingerichtet.
Im Jahre 1855 übernahm der aus Beckum gebürtige, damals 30jährige Gerhard Samson das Haus von seiner Schwiegermutter. Er war seit 1849 mit Anna Gertrud Catharina Gildemeister verheiratet, der Tochter der Vorbesitzer. Mit ihm kehrte ein Nachfahre der Clarholzer Kaufmanns- und Gastwirtsfamilie Samson in die Gemeinde zurück, nachdem der am 9. November 1651 getaufte Johan Samson um 1674 nach Beckum gezogen war und dort einen eigenen Zweig der Familie gegründet hatte. Der erste in Clarholz nachweisbare Samson hatte dem Kloster schon 1572 gedient und zwischen 1583 und 1586 einen Brinkliegerkotten im Kirchspiel Clarholz gegen eine jährliche Pacht von drei Schilling übernommen.
Gerhard Samson ließ im Inneren des Hauses aufwertende Umbauten vornehmen. Die Wände des repräsentativen Treppenhauses und der obere Flur wurden mit nahezu deckenhohen gemalten Marmorplatten, gerahmt von blaugrauen Leisten, verziert. Von 1886 bis 1963 war im Haus Samson die Clarholzer Geschäftsstelle der Kreissparkasse Wiedenbrück untergebracht. Bis kurz vor seinem Tod am 5. Februar 1986 bewohnte noch der ledig gebliebene Gastwirt Franz Samson dieses Haus, das durch ihn als Dokument der bürgerlichen Wohnkultur des 19. Jahrhunderts erhalten blieb.
Heute wird es von einem Förderverein getragen, der 2005 gegründet worden ist. Im traufseitigen Teil des Erdgeschosses befindet sich die Galerie des Kunstvereins „Gruppe 13“. Vom Eingang am Kirchplatz aus liegt hinter den von einer Steuerberatungssozietät genutzten Räumen das „Wilbrand-Zimmer“. Es enthält Mobiliar, Dokumente und wissenschaftliche Werke des aus Clarholz gebürtigen und an der Universität Gießen tätig gewesenen Mediziners und Naturphilosophen Johann Bernhard Wilbrand (1779-1846).